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Alfdorf aktuell
Zum Tag der Deutschen Einheit
Erstelldatum25.09.2025
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
der Präsident des Gemeindetags, Steffen Jäger, hat als Stimme der Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg einen eindringlichen Appell zur Lage unseres Landes und zur Rolle der Kommunen veröffentlicht.
Ich unterstütze diesen Brief ausdrücklich – denn auch wir hier in Alfdorf spüren zunehmend was auf dem Spiel steht.
Die finanziell fetten Jahre sind vorüber und der Sparstrumpf in Kürze aufgebraucht. Künftig müssen wir nicht nur genau prüfen, wo wir investieren, sondern uns zunehmend fragen, woher das Geld kommen soll, das wir brauchen um die übertragenen Aufgaben zu bewältigen.
Dazu bedarf es Reformen, Veränderungen und Mut. Und zwar auf Bundes-, Landes- und Kommunaler Ebene. Aber wir brauchen auch mehr denn je einen gesellschaftlichen Zusammenhalt und respektvolle Diskussionen miteinander. Dazu gehört auch politisch unterschiedliche Ansichten auszuhalten und sich nicht von der Hetze der politischen Ränder in die Irre führen zu lassen.
Bitte nehmen Sie sich wenige Minuten Zeit und schenken Sie dem Bürgerbrief ihre Aufmerksamkeit.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen erholsamen und gesegneten Tag der Deutschen Einheit!
Ihr Ronald Krötz,
Bürgermeister der Gemeinde Alfdorf
„Was auf dem Spiel steht“ – Gemeindetagspräsident Steffen Jäger mit offenem Appell zur Lage der Kommunen
Anlässlich des Tags der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2025 richtet sich Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, in einem offenen Brief direkt an die Bürgerinnen und Bürger im Land. Darin spricht er stellvertretend für die 1.065 Mitgliedsstädte und -gemeinden nicht nur über die angespannte Lage vieler Städte und Gemeinden, sondern nimmt auch die politische Kultur, die Zukunftsfähigkeit unseres Staatswesens und den Reformbedarf in den Blick. Der Ton ist sachlich aber klar und bewusst ehrlich.
„Die Lage ist ernst. Das spüren die Städte und Gemeinden. Das spüren Sie. Das spüren wir alle“, schreibt Jäger. Er verweist dabei auf internationale Krisen, den anhaltenden Krieg in der Ukraine und die verschärfte geopolitische Lage, die auch Deutschland stärker in die Pflicht nehme: „Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass andere unsere Verteidigung übernehmen. Wir sind selbst gefordert.“ Gleichzeitig sei die wirtschaftliche Basis unseres Gemeinwesens bedroht: „Zwei Jahre Rezession, Standortverlagerungen, wachsender internationaler Wettbewerbsdruck – unsere Volkswirtschaft hat an Schwung verloren.“
Die Folgen spüren die Städte und Gemeinden unmittelbar: Sanierungen von Schulen oder Sporthallen werden verschoben, Investitionen in Klimaschutz gestrichen, Öffnungszeiten in Kitas oder Bibliotheken gekürzt. „Keine dieser Maßnahmen will ein Kommunalpolitiker beschließen – doch vielerorts werden sie unvermeidlich“, so Jäger.
Der Gemeindetagspräsident fordert deshalb eine gesamtstaatliche Reform: „Wir brauchen eine ehrliche Aufgaben- und Standardkritik, die den Mut hat, Prioritäten zu setzen. Und wir müssen neu fragen: Was kann und muss der Staat leisten – und was kann er nicht mehr leisten, ohne sich selbst zu überfordern?“
Zugleich betont Jäger die Verantwortung jedes Einzelnen: „Demokratie ist kein Bestellshop – sie ist die Einladung an alle, sich mit ganzer Kraft für eine freiheitliche und wohlständige Gesellschaft einzubringen. Und deshalb kann Demokratie auf Dauer nur erfolgreich sein, wenn wir alle unseren Beitrag dazu leisten.“
Im Zentrum des Briefes steht ein Appell: „Die Gemeinden sind der Ort der Wahrheit, weil sie der Ort der Wirklichkeit sind. Es gilt, diese Wirklichkeit anzuerkennen und aus der Krise den Mut zur Erneuerung zu schöpfen. Für unsere Kinder. Für unser Land. Für unsere Demokratie.“
Die Zielsetzung des Bürgerbriefs fasst Gemeindetagspräsident Steffen Jäger zusammen:
„Unser Staat, unsere Demokratie wird von den Menschen getragen. Deshalb stellen wir die Bürgerinnen und Bürger in die Mitte unseres offenen Briefes. Wir als Kommunen sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Unsere Botschaft lautet: Nur wenn die Bürgerinnen und Bürger bereit sind mitzuwirken, kann unser Land die notwendigen Reformen schaffen.“
Jäger weiter „Der Bürgerbrief versteht sich als Beitrag zu einer öffentlichen und überparteilichen Debatte und als Einladung zur Rückbesinnung auf das, was unser Gemeinwesen zusammenhält: Respekt, Ehrlichkeit, Verantwortung und Gemeinsinn. Es geht nicht um ein ‚Fingerpointing‘. Es geht darum, eine gesellschaftliche Diskussion mit anzustoßen. Damit ist der Bürgerbrief Teil der Grundsatzdebatte zur staatlichen Leistungsfähigkeit, die wir als Gemeindetag Baden-Württemberg seit nunmehr drei Jahren vorantreiben – sei es durch Positionspapiere, konkrete Deregulierungsvorschläge oder den klaren politischen Appell“, so Jäger. Die Kreisverbände des Gemeindetags sind eingeladen, den Bürgerbrief kommunikativ zu begleiten, beispielweise in den gemeindlichen Amtsblättern, den Homepages oder durch örtliche Pressegespräche.
Brief an die Bürgerinnen und Bürger in den Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg zum Tag der Deutschen Einheit 2025
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
mein Name ist Steffen Jäger, und ich bin Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg – der Stimme von 1.065 Städten und Gemeinden.
Heute will ich mich auf ungewöhnliche Weise direkt an Sie wenden: nicht nur als Funktionsträger, sondern als Demokrat, als Bürger dieses Landes.
Denn die Lage ist ernst. Das spüren die Städte und Gemeinden. Das spüren Sie. Das spüren wir alle.
Der Krieg in der Ukraine führt uns schmerzhaft vor Augen: Frieden in Europa ist keine Selbstverständlichkeit. Gleichzeitig verschieben sich globale Machtverhältnisse. Die USA distanzieren sich – wirtschaftlich und sicherheitspolitisch. Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass andere unsere Verteidigung übernehmen. Wir sind selbst gefordert. Wir müssen selbst Verantwortung tragen.
Gleichzeitig geraten wir wirtschaftlich unter Druck. Zwei Jahre Rezession, Standortverlagerungen, wachsender internationaler Wettbewerbsdruck: Unsere Volkswirtschaft hat an Schwung verloren.
Wirtschaftliche Stärke ist aber das Fundament für das, was unser Gemeinwesen ausmacht: ein funktionierender Sozialstaat, ein handlungsfähiger Rechtsstaat, eine lebendige Demokratie.
Diese Demokratie lebt in unseren Städten und Gemeinden. Hier wird im Schulterschluss zwischen Rathaus und Bürgern die Grundlage für das Gelingen unseres Staates gelegt.
Straßen, Brücken, Wasserversorgung, Kitas, Schulen, Feuerwehr, Sport- und Kulturstätten, Vereinsförderung und vieles mehr. Daseinsvorsorge und das gesellschaftliche Zusammenleben sind ohne handlungsfähige Kommunen nicht möglich.
Was droht, wenn wir nicht handeln
Die Kommunen sind damit das Rückgrat eines gelingenden Staates. Doch ihre Handlungsfähigkeit ist gefährdet. Die Kommunalfinanzen sind in einer solch dramatischen Schieflage, dass bereits die Erfüllung der Pflichtaufgaben kaum mehr möglich ist.
Konkret heißt das: Die Sanierung der Sporthalle, des Kindergartens oder der Schule fallen aus. Investitionen in Klimaschutz oder Klimawandelanpassung werden gestrichen. Die Nutzungsgebühren steigen, die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer reichen nicht mehr aus. Frei- und Hallenbäder lassen sich nicht mehr halten, die Vereinsförderung kommt auf den Prüfstand, Öffnungszeiten in Kitas oder auch der Bibliothek müssen reduziert werden.
Keine dieser Maßnahmen will ein Kommunalpolitiker beschließen – doch vielerorts werden sie unvermeidlich.
Geld allein wird dies jedoch nicht lösen. Denn was wir erleben, ist nicht nur eine finanzielle Überlastung – es ist ein strukturelles Problem. Der Staat lebt über seine Verhältnisse – und das seit Jahren.
Die Summe an staatlichen Leistungszusagen, Standards, Versprechen hat ein Maß erreicht, das mit den verfügbaren Ressourcen nicht mehr erfüllbar ist.
Es braucht deshalb eine mutige Reform – strukturell und gesamtstaatlich
Deshalb sind wir als Gesellschaft gefordert, eine strukturelle Antwort zu geben. Wir brauchen eine ehrliche, gesamtstaatliche Reform. Das heißt: weniger Einzelfallgerechtigkeit und mehr Eigenverantwortung. Wir brauchen eine Aufgaben- und Standardkritik, die den Mut hat, Prioritäten zu setzen. Und wir brauchen die Bereitschaft, neu zu fragen: Was kann und muss der Staat leisten – und was kann er nicht mehr leisten, ohne sich selbst zu überfordern?
93 Prozent der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Baden-Württemberg fordern eine konsequente Reform in diesem Sinne.
Doch auch wir als Gesellschaft müssen bereit sein, eine solche Reform mitzugehen. Wir müssen beitragen – nicht nur erwarten. Wir müssen vertrauen – in unseren Gemeinsinn, seine Werte und unsere Kraft des Füreinanders. Wir müssen bereit sein, mehr zu leisten – für den Staat, für die Gemeinschaft, für das Gelingen unserer freiheitlichen Demokratie.
Demokratie ist kein Bestellshop – sie ist die Einladung an alle, sich mit ganzer Kraft für eine freiheitliche und wohlständige Gesellschaft einzubringen. Und deshalb kann Demokratie auf Dauer nur erfolgreich sein, wenn wir alle unseren Beitrag dazu leisten.
Wir brauchen auch Ehrlichkeit in der Migrationspolitik. Integration gelingt dann, wenn die Zugangszahlen beherrschbar und auch Mitwirkung und Rückführung ein wirksamer Teil des Systems sind. Wer zu uns kommt, muss unsere freiheitlich-demokratischen Grundwerte achten. Und er oder sie muss auch zum Gelingen von Gesellschaft und Volkswirtschaft beitragen. Eine erfolgreiche und akzeptierte Migrationspolitik muss dies leisten. Dies aber immer auf der Grundlage von Humanität und Verantwortung. Menschenverächter haben keine Lösungen, sie haben nur Propaganda. Wir Demokraten müssen beweisen, dass wir es besser können.
Und auch beim Klimaschutz gilt: Wir können als Deutschland nur erfolgreich sein, wenn unser Weg für andere Staaten ein Vorbild ist – klar im Ziel, ökologisch wirksam, ökonomisch tragfähig und gesellschaftlich akzeptiert.
Das Grundgesetz als unser gemeinsames Fundament
Unser Grundgesetz war nie als Schönwetterordnung gedacht. Es wurde formuliert in einer Zeit, in der unser Land moralisch, politisch und wirtschaftlich in Trümmern lag. Es ist eine der größten Wohltaten, die unser Land je erfahren hat. Und es verpflichtet uns: zur Selbstverwaltung, zur Verantwortung, zur Teilhabe. Zur res publica – zur gemeinsamen Sache.
Die Gemeinden sind der Ort der Wahrheit, weil sie der Ort der Wirklichkeit sind.
Es gilt, diese Wirklichkeit anzuerkennen und aus der Krise den Mut zur Erneuerung zu schöpfen.
Und deshalb möchte ich dafür werben: machen wir uns bewusst, was unser Staat, was unsere Demokratie zum Gelingen braucht.
Und dazu gehört zuallererst eine neue Ehrlichkeit und ein nüchterner Realismus: Wir stehen vor den größten Herausforderungen seit Jahrzehnten. Als Vertreter der Kommunen sagen wir Ihnen die Wahrheit: dies wird uns allen etwas abverlangen.
Ich bin aber davon überzeugt, wir können das meistern; Gemeinsam, mit Mut und Willen.
Mit einer Haltung, die nicht fragt, was andere tun, sondern, was wir selbst beitragen können. Die Bereitschaft, auch dann standhaft zu bleiben, wenn es unbequem wird. Die Chance, dass wir alle auch künftig in einem lebendigen und freien Land leben dürfen, muss uns Ansporn sein.
Und daher meine Bitte: Machen Sie mit. Für unsere Kinder. Für unser Land. Für unsere Demokratie. Für uns.
In Verantwortung und Verbundenheit,
Ihr
Steffen Jäger
